Liebe deine Schatten wie dein Selbst


Mayas Beitrag zum Thema „Tantra und der Umgang mit unseren Schattenseiten.“ im TantraNetz online-Magazin / Juni 2021: „Liebe deine Schatten wie dein Selbst“

Auf tantrischer Schatzsuche

Das Thema „Tantra und der Umgang mit unseren Schattenseiten“ ist sehr vielschichtig. Tantra  hat verschiedene Ebenen: Von Wellness-Tantra bis (therapeutischer) Persönlichkeitsentwicklung. Ich möchte hier kurz das Heilpotenzial von Tantra in Bezug auf Schattenarbeit umreißen so wie es meiner inneren Haltung entspricht und wie ich damit arbeite: Willkommen zum Abenteuer deines Lebens, deiner Reise zu deinen inneren Schätzen.

Was ist Schattenarbeit

Der Begriff des „Schatten“ kommt von C.G. Jung und beschreibt die unbewussten, abgespaltenen und verdrängten individuellen und kollektiven Persönlichkeitsanteile der Psyche von Menschen. Neben dem Schatten gibt es die Persona. Die Persona bezeichnet ein Rollenkonstrukt, mit welchem wir angepasst mit unserer Umwelt kommunizieren. Persona und Schatten bilden zusammen das EGO, welches unser innerstes SELBST beschützt und bewacht.

Wenn ich als hilfloses Baby Impulse habe, welche von meinen Eltern abgelehnt werden, ich „zu viel“ für meine Eltern bin, passe ich mich an und verdränge diese Impulse in die Tiefen meiner Psyche. Ich möchte geliebt werden und bin auf meine Eltern angewiesen. Wenn ich als Kind traumatisierenden Situationen ausgeliefert bin und diese nicht verarbeiten kann, spaltet meine Psyche diese ab und vergräbt sie ganz weit unten. Menschen sind Anpassungskünstler. Mit meiner Persona transportiere ich ein rollengerecht angepasstes Scheinselbst nach außen. Kein Mensch bleibt diesbezüglich unversehrt und bildet ein individuelles EGO heraus, das ihn beschützt und später auch bewacht.

In der Schattenarbeit geht es darum, sich diese unbewussten Anteile bewusst zu machen und wieder zu integrieren. Dadurch kann sich ein Mensch von seinen Emotionen wie Scham, Schuld, Wut, Trauer etc. befreien und seine größten psychischen Kräfte Aggression und Sexualität besser regulieren oder erst entfalten. Es geht dabei um das Erreichen größerer Freiheitsgrade auf allen Ebenen des Seins, um ein freies, sinnliches, glückliches und selbstbestimmtes Leben führen zu lernen.

Schaubild Schattenarbeit

Im Schaubild zur Schattenarbeit habe ich dieses komplexe Thema vereinfacht dargestellt. Man kann vier Wege unterscheiden, sich mit seinen Schatten zu beschäftigen. Der Quadrant links oben beschreibt den Weg des Geistes (Meditation, Religion, mentales Training, Psychotherapie, Yoga, Tantra etc.). Der Quadrant rechts oben beschreibt den Weg des Körpers (Tantra, Körperarbeit, Körperpsychotherapie, Sexological Bodywork, Yoga etc.). Die beiden oberen Quadranten arbeiten mit dem Licht der Bewusstheit. Hier übernehmen wir die Verantwortung für unser Tun und sterben unser Leben. Die beiden unteren Quadranten sind uns unbewusst. Dort sind wir passiv und leben bis wir sterben oder uns etwas Schlimmes passiert, was uns aufwachen lässt. Der Quadrant rechts unten beschreibt den Weg der Seele (karmische und systemische Einflüsse, Schicksalsschläge, die uns wach rütteln). Der Weg links unten beschreibt den Weg des Todes (wir müssen nichts tun, wir können unbewusst bleiben und immer wieder die gleichen Fehler machen bis wir sterben und das große Erwachen kommt). Alles ist unsere Entscheidung.

Der (neo)tantrische Weg

Tantrikerinnen und Tantriker haben sich auf den Weg gemacht, ihr Leben zu sterben. Sie lassen nach und nach ihre EGO-Konstrukte los und lassen sie in Demut und Dankbarkeit sterben. Sie werden wieder Eins mit ihnen und integrieren sie in ihr SELBST. Sie verlassen bewusst immer wieder  ihre Komfortzone und gehen in die Angst- und Lernzone, um neue Erfahrungen zu machen und weiter zu wachsen.  Der tantrische Weg ist ein Katalysator für Persönlichkeitsentwicklung. Der eigene Körper und die sexuelle Energie sind Vehikel dafür.  In keinem anderen Setting kann man in einem geschützten Rahmen so vielen Menschen nackt und tief sowie intim begegnen wie in Tantra-Seminaren.

Der Mensch wird am Du zum Ich (Martin Buber)

Wie komme ich dazu? Was muss ich tun, um das alles zu erreichen? Du musst gar nichts tun, außer das „Wollen“ loslassen und Dich bewusst auf Deinen Weg machen. Das Leben bietet Dir alles was Du brauchst, um Erfahrungen zu machen und zu wachsen. Das Ganze beginnt schon gleich nach deiner Zeugung im Mutterleib und setzt sich in von Deiner Geburt über Deine Kindheit, Jugend und Erwachsenheit bis zu Deinem Tod fort. Du begegnest anderen Menschen: deiner Mutter, deinem Vater, Geschwistern, Verwandten, Bekannten, BegleiterInnen, PartnerInnen, FreundInnen, Autoritäten, MentorInnen, Dummen, Deppen, Arschengeln, Feinden oder fremden Menschen in Tantra-Seminaren und dein „Drama“ kann beginnen. Denn im Grunde genommen begegnest Du nur Dir selbst in anderen. Auf unbewusste Art und Weise projizierst Du Deine Schatten nach außen. Die Anderen Menschen sind Projektionsflächen für Deine eigenen Schatten und somit Dein Lernfeld.

Die Schattenarbeit passiert in Tantra-Seminaren von ganz alleine. Die Prozesse, welche nun anstehen, werden sich zeigen.  Die Fusion der tantrischen Wege über Geist und Körper ermöglicht mehr Spielräume um  Schattenarbeit anzustoßen. Wenn man noch tiefer einsteigen möchte, kann man auch bewusste Schattenarbeit in Tantra-Seminaren machen. Gerade hierfür eignet sich auch die Verbindung von Tantra & BDSM. In den unterschiedlichsten Szenarien und Rollenspielen kann man sich mit seinem zentralen erotischen Schatten-Thema in herznaher Verbindung mit anderen Menschen als „seine Schattengehilfen“ etc. in einem geschützten Raum erfahren. Die erhöhte Polarität in diesen Settings hat ein starkes transformatives Potential.

Das Ich wird am Du zum Wir (Maya Maga)

Liebe Deine Schatten wie Dein SELBST. Denn jede Begegnung hat ein Geschenk für uns.  Wenn wir uns überwinden und uns unseren „Dämonen“ stellen sogar einen großen Schatz. Bei Themen mit großen eigenen Widerständen und Projektionen liegt immer ein großer Schatz versteckt, den es sich zu heben lohnt. Sobald ich mir den „Dämon“ bewusst gemacht und ihn angesehen habe, verfliegt die Angst und ich kann plötzlich ganz anders mit ihm umgehen, ja ihn in Dankbarkeit integrieren. Diese „Dämonen“ hatten nur die Aufgabe uns zu schützen als wir klein und hilflos waren. Jetzt sind wir aber erwachsen und können selbst auf uns aufpassen. Das heißt also, ich brauche keine Energie mehr aufwenden, um meine „Dämonen“ zu unterdrücken. Somit steht mir plötzlich viel mehr Energie für mein Leben zur Verfügung und ich habe neue Ressourcen – die jeweiligen „Dämonenkräfte“ – gewonnen.

Wir können so immer mehr wir SELBST werden. Was uns daran hindert sind unsere Ängste. Angst vor Ablehnung, vor Scham und vor Schuld sowie vor allem die Angst vor Freiheit. Meine Erfahrung ist, dass unsere radikale wahrhaftige von SELBST-LIEBE getragene Freiheit in voller eigener Verantwortlichkeit der „Todesstoß“ für das EGO ist. Dann sind wir unsere eigene Schöpferin und unser eigener Schöpfer.  Dann sind wir uns der Liebe in uns und um uns herum bewusst. Wir sind verschmolzen mit unseren Schatten und in unserer Kraft. Aus dieser Fülle heraus können wir uns verschenken.  Wir brauchen keine anderen Menschen mehr für unsere EGO-Bedürfnisse. Auf dieser Ebene ist eine neue Sexualität auch in Verbindung mit anderen befreiten Menschen mit ekstatischen Erfahrungen von „no body“ und „no mind“ möglich. Die scheinbare Trennung zwischen uns allen löst sich auf. In diesem glückseligen Zustand erfahren wir unser SELBST als „in Liebe verbunden sein mit Allem, als mit Allem Eins-Sein“.  Wir SELBST sind unser größter SCHATZ. Die LIEBE ist unser größter SCHATZ. Dann sind wir Liebe. 

Möge die Liebe immer mit uns sein.

Namasté